Wird Prompting bald überflüssig?

Die neuesten KI-Reasoning-Sprachmodelle denken länger nach und können komplexere Sachverhalte erfassen.
Ein Bildschirm mit der Überschrift KI-Chatbots

Prompting, Prompt-Engineering, Frameworks – rund um das Thema KI-Chatbots ist in den letzten Jahren eine regelrechte Wissenschaft entstanden, um die Chatbots zu richtigen und differenzierten Antworten zu bewegen. Mit der neuesten Generation von Large Language Models (LLMs) ist es nun möglich, kurze Anfragen zu stellen und ohne mühsames Nachbessern korrekte Antworten zu bekommen. Die Sprachmodelle simulieren logisches Denken und Schlussfolgern – das wird Reasoning genannt. 
Wir stellen Ihnen in diesem Artikel die wichtigsten KI-Neuerungen vor und zeigen Ihnen, welche Vorteile sich für Ihre tägliche Arbeit daraus ergeben. Lehrkräfte beruflicher Schulen dürfen sich freuen: Die neuen Sprachmodelle können die didaktische Planung erleichtern.

Geschwindigkeit vs. Wahrheitsgehalt

Bisherige LLMs setzen vor allem auf schnelle Antworten, schließlich soll das oberste Ziel, den oder die Nutzende zufriedenzustellen, erreicht werden. Das geht aber zu Lasten der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Antworten. Komplexe Anfragen werden oft nur unzulänglich beantwortet und lassen einen mit einem unbefriedigten Gefühl zurück. Zudem kann man nie sicher sein, ob die künstliche Intelligenz nicht gerade „halluziniert“ und Sachen dazu erfindet, weil sie sonst um eine Antwort verlegen wäre und den oder die Nutzende nicht zufriedenstellen könnte.
Ohne eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Thema Prompt-Engineering, also der genauen Ausformulierung von Arbeitsanweisungen, ist es kaum möglich, die Chatbots von OpenAI, Google oder anderen Anbietern für kompliziertere Aufgaben im Rahmen des Schulunterrichts heranzuziehen.

Wie funktioniert das Reasoning?

Das Erscheinen des chinesischen Anbieters DeepSeek in der KI-Welt hat eine Welle von neuen Veröffentlichungen ausgelöst: Fast alle großen KI-Anbieter haben mittlerweile ihre Sprachmodelle überarbeitet und eigene Reasoning-Modelle veröffentlicht.
Kurz gesagt: Die neuesten Sprachmodelle brechen komplexe Themen in einzelne Schritte auf, die sie durch logisches Schlussfolgern lösen. Einige Modelle zeigen sogar ihren Arbeitsprozess, was ein bisschen aussieht wie ein Selbstgespräch des Chatbots. Somit wird das Thema genauer analysiert und der Kontext tiefer durchforstet, was zu längeren und detaillierteren Antworten führt, die (hoffentlich) auch einen höheren Wahrheitsgehalt haben. Im Gegensatz zu den klassischen Modellen reicht es, die Anfrage knapp und präzise zu formulieren. Die Modelle entwickeln selbst die notwendigen Schritte und verstehen das übergeordnete Ziel.

So sieht der Arbeitsprozess im Einzelnen aus:

  • Aufgliederung: Aufbrechen des Problems in mehrere Schritte
  • Ideenentwicklung: Ausprobieren verschiedener Lösungsansätze
  • Auswertung: Auswählen des passendsten Lösungsansatzes und Hinterfragen der anderen
  • Lösung: Auswählen der besten Antwort.

Reasoning-Modelle und klassische Modelle im Vergleich

Wir haben für Sie die wesentlichen Unterschiede zusammengefasst:

MerkmalReasoning-ModelleAllgemeine LLMs
Hauptzweck und StärkenExplizite Schritt-für-Schritt-Problemlösung und logisches „Denken“Generieren und verstehen allgemeiner Texte 
Problemlösungs-AnsatzZerlegen Probleme in kleinere Teilschritte und zeigen die Zwischenschritte an („Denkphase“)Zeigen die Antwort direkt an, ohne Zwischenschritte aufzuzeigen. Meist wahrscheinlichkeitsbasierte Vorhersage des nächsten Tokens.
Struktur der AntwortHochstrukturiert, mit klarer Abgrenzung zwischen den ArgumentationsschrittenFlexibler und mehr auf Konversation ausgelegt
TrainingSpeziell geschult in Schritt-für-Schritt-Denkaufgaben und mathematisch-formaler LogikTrainiert mit vielfältigen Textdaten mit vielen verschiedenen Schreibstilen und -zwecken
FehlererkennungDas Erkennen von Fehlern ist durch die Verwendung von Argumentationsschritten einfacherDie undurchsichtige Natur der Modelle erschwert die Nachvollziehbarkeit der Argumentationen
Rechenleistung und ZeitbedarfAufgrund der Verarbeitung in Einzelschritten sind mehr Rechenressourcen erforderlich. Antworten dauern etwas länger.Geringere Rechenanforderungen. Ausgelegt auf schnelle Antworten. Anfragen, die eine Schritt-für-Schritt-Analyse und -Interpretation erfordern, können zu Verzögerung führen.
BeispieleOpenAI o, o1-mini, o3-mini
DeepSeek-R1
Perplexity Deep Research
Gemini Flash Thinking
GPT-4o, GTP-4.5
Perplexity AI
Google Gemini
Claude 3.5
Sonnet
Llama3.3
AnwendungsfälleWissenschaftliches Denken, Analyse großer Datenmengen, komplexe Problemlösung, KI-Agenten mit mehrstufiger EntscheidungsfindungChatbots, Textzusammenfassung, Content-Generierung
Auswahl von möglichen Anwendungen im Schulkontext

Planung:

  • Didaktische Jahresplanung erstellen
  • Unterrichtsstunden strukturieren
  • Unterschiede im neuen Lehrplan finden
  • Neue Publikationen auswerten und in die Unterrichtsplanung integrieren
  • u.v.m.

Planung:

  • Lernmaterial erstellen
  • Texte übersetzen
  • Binnendifferenzierung der Lerninhalte
  • Ideenfindung
  • u.v.m.

Unterricht:

  • Medien- und  Recherchekompetenz stärken
  • Schreibkompetenz fördern
  • Digitale Tutoren zum individuellen Lernen
  • Rollenspiele
  • Prompten lernen
  • Interaktive Lernspiele
  • u.v.m.
     

Die Auflistung basiert auf How Reasoning Models are transforming Logical AI thinking | Microsoft Community Hub, abgerufen am 10.03.2025.

Fazit: Beide Modelle haben ihre Berechtigung

Die Reasoning-Modelle klingen verlockend, sind aber nicht für jede Aufgabe die richtige Wahl. Für Unterrichtsinhalte und Detailplanungen sind die klassischen LLMs oft noch die bessere Lösung, da sie schnell und effizient antworten können. Geht es allerdings um komplexere Anfragen, die wissenschaftliches, rechtsbasiertes und logisches Denken erfordern, sollten Sie zum Reasoning-Modell greifen. In Bezug auf den Schulunterricht betrifft dies zum Beispiel strategische und didaktische Planungen.

Bei den meisten Anbietern kann man zwischen klassischem und Reasoning-Modell hin- und herschalten. In der Kombination beider Modelle könnten Sie mit einem Reasoning-Modell beispielsweise didaktische Pläne für den Unterricht entwickeln und mit dem allgemeinen Modell Teilaufgaben davon umsetzen.

Denken Sie bei der Nutzung von KI aber bitte auch an den Energieverbrauch, den jede Anfrage an einen Chatbot benötigt.

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Autor
HubbS-Redaktion
aktualisiert
aktualisiert: 11.03.2025