Praktische Tipps zur Nutzung von KI in der Berufsschule

Der Fachtag des InnoVET-Programms SPERLE zeigte, wie man künstliche Intelligenz für die Unterrichtsvorbereitung nutzen kann.
Lehrerin arbeitet am Laptop – KI generiertes Bild
Das Bild wurde mit der KI Microsoft Copilot Creator erstellt.

Der zweite Fachtag des InnoVET-Projekts SPERLE – Strukturwandel durch personalisiertes Lernen mit digitalen Medien am 19. Juni stand unter dem Motto „Wie kann künstliche Intelligenz das personalisierte Lernen revolutionieren? Impulse für die berufliche Bildung“. Wir waren natürlich mit dabei und möchten Ihnen in diesem Beitrag nützlichen Input zur Nutzung der KI im Berufsschulunterricht weitergeben.

KI zur Erstellung von Unterrichtsmaterial

Prof. Dr. Benjamin Paaßen, Juniorprofessor an der Universität Bielefeld, erläuterte in seinem Impulsvortrag mehrere Anwendungsmöglichkeiten, wie man als Lehrkraft an der Berufsschule die künstliche Intelligenz unterstützend bei der Erstellung von Unterrichtsmaterial einsetzen kann. Programme wie ChatGPT eignen sich insbesondere zur zeitsparenden Erstellung von Multiple-Choice-Tests, Präsentationen oder Arbeitsblättern. ChatGPT kann zudem einen Text in einfache Sprache umschreiben und die Verwendung von Fachbegriffen entsprechend anpassen. Dadurch hat man die Möglichkeit, schnell und einfach eine Binnendifferenzierung des Unterrichtsmaterials zu generieren. Wichtig ist aber immer, die Aufgaben im Anschluss zu prüfen und die KI ggf. um Korrektur zu bitten: Hat die Aufgabe ausreichend Tiefe? Stimmt der Inhalt sachlich?

KI zur Benotung

Was laut Prof. Dr. Paaßen noch nicht gut funktioniert, ist die Benotung der Lernenden durch die KI, da hier die Transparenz fehlt und die Vorgehensweise nicht mehr nachvollziehbar ist. Künstliche Systeme können allenfalls teilautonom „mechanische“ Prüfungsteile wie Multiple-Choice-Tests auswerten.

Nutzen die Schülerinnen und Schüler künstliche Intelligenz im Unterricht oder auch für die Hausaufgaben, ist es wichtig, vor allem die Kompetenz in der Handhabung der KI zu bewerten. Dazu kann man die Lernenden beispielsweise ihr Vorgehen erklären lassen oder die Reflexionstiefe abfragen. Die Schülerinnen und Schüler müssen verstehen, was das System tut, und dass sie Verantwortung für die Ergebnisse übernehmen müssen.

Anleitung für Prompt-Engineering

Prof. Dr. Paaßen teilte außerdem seine Erfahrungswerte mit der Erstellung von Prompts (=Anweisungen) an die KI. Aus seiner Erfahrung heraus sei es essenziell, die Prompts in kleine Schritte zu zerlegen, um ein adäquates Ergebnis zu erhalten. Folgende Schritte sollte man bei der Arbeit mit Sprachmodellen wie ChatGPT berücksichtigen:

  • Vorab den Kontext bereitstellen (z.B. Textentwürfe, Hintergrundinformationen, Zitate)
  • Von der KI Begründungen für ihr Vorgehen oder Einzelschritte erbitten
  • Formatanweisungen oder Vorlagen geben (z.B. Dateiformat / Text mit 5000 Wörtern / 10 Multiple-Choice Fragen mit je 5 Antworten, von denen mindestens 2 falsch sind)
  • Ergebnisbeispiele geben
  • Die wichtigsten Anweisungen am Ende des Prompts wiederholen
  • Dem System eine Rolle zuweisen (z.B. „Du bist ein Tutor und stets professionell und hilfsbereit“)
  • Um Korrekturen/Reflexion bitten, wenn etwas unklar oder falsch ist

Anwendungen von KI in der beruflichen Bildung

Prof. Dr. Paaßen stellte weitere Möglichkeiten für den Einsatz von KI in der beruflichen Bildung vor, die allerdings nicht von der Lehrkraft selbst erstellt werden können. Möglich ist die Nutzung interaktiver Lerneinheiten in simulierten Umgebungen, zum Beispiel für in der Realität sehr teure oder gefährliche Lernsituationen. Man kann mit der KI auch praxisnahe Situationen schaffen, beispielsweise durch die Simulation von menschlichen Dialogen. Durch maschinelles Lernen können die Lernsituationen automatisch verbessert werden. 

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit von KI in der beruflichen Bildung ist laut Prof. Dr. Paaßen das personalisierte und adaptive Lernen. Darunter versteht man auf den Schüler oder die Schülerin individuell angepasste Lernumgebungen, wozu Lernstandsdiagnostik, Wissensmodellierung, Empfehlungssysteme und tutorielle Systeme genutzt werden. Die Lernenden steuern ihren Lernprozess also weitgehend selbst und werden durch die Lehrkraft nurmehrbegleitet.

Vereinfachung der Unterrichtsvorbereitung

Auf dem Fachtag sprach auch Dr. Rainer Behrend von Weiterbildung Hessen e.V., einem Projektpartner von SPERLE, über Möglichkeiten, wie man sich durch die KI die Arbeit erleichtern kann. Er ist selbst in der beruflichen Bildung tätig und nutzte als Beispiel ChatGPT 4.0, das aber kostenpflichtig ist.

  • Aus seiner Erfahrung heraus funktioniert die Aufgabenerstellung mit ChatGPT gut und spart Zeit.
  • Auch die Angaben von Paragrafen und ähnlichem sind aufgrund der großen zugrundeliegenden Datenmengen mittlerweile meist korrekt. Man muss sie aber natürlich trotzdem überprüfen.
  • Die Binnendifferenzierung durch Aufgabenvariationen ist mit ChatGPT einfach und schnell möglich, zum Beispiel mit folgender Anweisung: „Formuliere die Frage so, dass auch Menschen auf einem Sprachniveau B1 sie verstehen können.“
  • Man kann Multiple-Choice-Tests erstellen sowie Grammatiktests, Wortartenbestimmungen etc. für den Deutschunterricht generieren.
  • ChatGPT kann aus einem vorgegebenen Text einen Lückentext erstellen.
  • Mittlerweile ist es sogar möglich, Buchführungs- oder Rechenaufgaben zu generieren. Da ChatGPT selbst nicht rechnen kann, greift es hier auf externe Tools wie Python zurück.
  • Auch Übersetzungen funktionieren gut, was Dr. Behrend eigens durch Rückübersetzung und das Programm DeepL geprüft hat.
  • Textzusammenfassungen, auch inklusive Übersetzung ins Deutsche, erleichtern die Wissensbeschaffung. Dazu kann man dem Programm beispielsweise auftragen, einen Text in maximal 4000 Worte zusammenzufassen.
  • Eine weitere hilfreiche Anwendungsmöglichkeit ist die Erstellung von Leitfäden für die Lehrkraft, zum Beispiel Tipps, wie man einen Schüler oder eine Schülerin mit Verständnisproblemen zur Antwort hinführen kann.
     

In der kostenpflichtigen Anwendung gibt es neuerdings verschiedene Tools für unterschiedliche Zwecke, nicht nur zur Erstellung von Text. Man kann beispielsweise Präsentationen und Bilder (auch für die Präsentation) generieren.

Logo InnoVET Sperle

Die KI-Website to teach_

Zum Abschluss stellte Dominik Jakubik von involas Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik GmbH, das die Verbundkoordination innehat, die Website to teach_ vor. Auf der Plattform können Lehrkräfte Unterrichtsmaterialien erstellen und ihren Unterricht planen. Bisher richtet sie sich an Lehrkräfte allgemeinbildender Schulen, es sei aber ein Bereich für die berufliche Bildung geplant, der auch spezielle Tools zur Verfügung stellen soll.

Ein leidiges Thema – nicht nur bei KI-Programmen – ist der Datenschutz. To teach_ laufe auf Servern in Schweden und den USA und stelle zwar eine Anonymisierung zur Verfügung, aber natürlich würden die hochgeladenen Daten verarbeitet, weshalb man keine personenbezogenen Daten hochladen solle.

Die Plattform bietet verschiedene Accountvarianten, wobei man bei den kostenpflichtigen Modellen mehr Materialien erstellen kann. Die kostenlose Variante ist hier mit der Erstellung von 10 Dateien pro Monat sehr begrenzt. Ein Vorteil ist: Wenn man bereits einen Fobizz-Account hat, bekommt man Rabatte.

To teach_ bietet verschiedene Tools mit universellen Funktionen, die auch für die Berufsschule geeignet sind. Folgendes Vorgehen stellte Herr Jakubik vor:

  • Zunächst wählt man den Input aus: YouTube (Text wird automatisch extrahiert) PDF, E-Book, Eigenen Text, Bild, Audio
  • Dann kann man das Material personalisieren: nach Sprachniveau aufschlüsseln, Vokabular anpassen (A2/B1), Texte vereinfachen (einfach, mittel, schwer)
  • Zuletzt wählt man das passende Format für den Output: Aufgaben, Texte, Lückentext etc.
  • Die Texte und Aufgaben werden im persönlichen Archiv gespeichert, sodass man sie immer wieder verwenden und anpassen kann. Außerdem kann Texte per Mausklick kopieren und Links zum Versenden des Materials generieren.


Herr Jakubik stellte noch einige nützliche Funktionen heraus:

  • Man kann sich ein Glossar für Fachbegriffe inkl. Erklärungen zu einem Fachtext erstellen lassen. Dieses lässt sich wieder nach Sprachniveau aufschlüsseln.
  • Die sogenannten Flashcards: Auf Grundlage eines Textes werden digitale Karteikarten mit Fachbegriffen und Erklärungen erstellt. Man kann das Sprachniveau auswählen (einfach, mittel, schwer) und die Anzahl der Aufgaben anpassen. Generiert wird eine h5p-Datei.

Qualitätssicherung durch die Lehrkraft

Künstliche Intelligenz hält zunehmend Einzug in den Berufsschulunterricht und bietet vielfältige Möglichkeiten zur Unterrichtsvorbereitung und -gestaltung. Von der Erstellung von Unterrichtsmaterialien über die Personalisierung des Lernens bis hin zur Simulation komplexer Lernszenarien erweitert KI das pädagogische Repertoire der Lehrkräfte. Wichtig bleibt jedoch die reflektierte Anwendung, um sicherzustellen, dass die KI-Systeme ihre Potenziale bestmöglich entfalten können und dabei stets pädagogische Prinzipien und die Qualität des Lernens im Blick bleiben.

Überprüfen Sie regelmäßig die Tiefe der Aufgabenstellungen in Bezug auf die Zielgruppe und stellen Sie sicher, dass alle Informationen sachlich korrekt sind. Qualitätssicherung ist entscheidend und erfordert die Expertise von Lehrkräften.

Als Anwendung installieren

Installieren Sie HubbS als App für ein besseres Nutzungserlebnis. Mehr erfahren.

Abbrechen
Autor
HubbS-Redaktion
aktualisiert
aktualisiert: 03.07.2024