Der „Gold-Standard“ für OER-Unterrichtsmaterialien

Was ist wichtig beim Erstellen von interaktiven Übungen und Arbeitsblättern als OER?

Möchte man eigene Arbeitsblätter oder interaktive Übungen als OER (Open Educational Resources) veröffentlichen, so sind einige Punkte zu berücksichtigen, da sie Besonderheiten für OER mitbringen, die andere Formate nicht in der Form haben. OER sind Bildungsmaterialien jeglicher Art und in jedem Medium, die unter einer offenen Lizenz stehen. Eine solche Lizenz ermöglicht den kostenlosen Zugang sowie die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Dritte ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen. Im Folgenden finden Sie alles, was man wissen muss, um den „Gold-Standard“* für OER-Unterrichtsmaterialien zu erreichen.

Globales Logo für Open Educational Resources
„Global OER Logo“ von Jonathas Mello unter CC BY 3.0

Checkliste zur Erstellung von Arbeitsblättern und interaktiven Übungen als OER: 

ü Rechte prüfen/ klären
ü Auswahl der richtigen Lizenz
ü Lizenzhinweis anbringen
ü Verwendung von offenen Tools zur Erstellung von OER
ü Content online stellen

Rechte prüfen/ klären

Der Rechtestatus aller Medien, die verwendet werden sollen, sollte nach Möglichkeit bereits vor der Erstellung neuer Materialien ermittelt bzw. festgelegt werden. Welche Medien sind selbst erstellt, das heißt die Lizenz kann vom Ersteller festgelegt werden? Welche Lizenzen haben eventuelle Fremdmaterialien? Lassen sich diese Lizenzen mit OER vereinbaren? Man sollte möglichst Materialien mit offenen Lizenzen verwenden.

Auswahl der richtigen Lizenz

Für die Verwendung von OER haben sich die Creative Commons (CC-) Lizenzen der 2001 gegründeten gemeinnützigen Organisation Creative Commons durchgesetzt, da sie weltweit rechtsgültig sind und eine Nutzung durch andere erleichtern. Mit den Grundsätzen von OER vereinbar (vervielfältigen, verwenden, verändern, verbreiten) sind nur die folgenden CC-Lizenzen:

  • CC BY-SA („Weitergabe unter gleichen Bedingungen“ (ShareAlike))
  • Sonderlizenz CC0 („Creative Commons Zero“, „ohne weitere Bedingungen“)
  • Public Domain Mark (PDM)/ gemeinfrei

CC-Lizenzen mit Einschränkungen (NC/ND) können nicht für OER verwendet werden und sind auch für den Einsatz in der Berufsschule nicht sinnvoll.
Weitere Informationen zu CC-Lizenzen finden Sie in dem Artikel Welche Lizenz für die Berufsschule? OER rechtssicher im Unterricht einsetzen.

Tipp: Wie finde ich OER-Materialien?

Lizenzhinweis anbringen 

Der Lizenzhinweis sollte gut sichtbar und eindeutig angegeben werden. Wo genau Lizenzhinweise anzubringen sind, ist nicht speziell vorgeschrieben. Die Creative-Commons-Lizenzbedingungen legen aber fest, dass auf die Lizenz in der Art und Weise hingewiesen wird, wie es für das jeweilige Medium üblich ist, zum Beispiel bei einem Foto direkt daneben oder gesammelt bei den Bildnachweisen. Für die Lizenzierung hilft die TULLU- Regel.

Weitere Informationen zur TULLU-Regel finden Sie in dem Artikel Welche Lizenz für die Berufsschule? OER rechtssicher im Unterricht einsetzen.

Da Arbeitsblätter und interaktive Übungen oft aus mehreren Medienbausteinen bestehen wie Texten, Bildern, Tonaufnahmen oder Videos, müssen einige Kriterien beim Lizenzieren beachtet werden.

Wenn die verwendeten Materialien unterschiedlich lizenziert sind, gibt es bei der Erstellung zum Beispiel eines Arbeitsblattes zwei Möglichkeiten:

Henry Steinhau, iRights.info, für JOINTLY, CC BY 4.0 International
  • Einfache Zusammenstellung: Hierbei müssen alle vorkommenden Lizenzen einzeln genannt werden. Das gleiche gilt, wenn ein Foto oder eine Illustration in einen Text oder ein Arbeitsblatt eingefügt werden.
  • Verschmelzung von Materialien: Wird das Material dagegen mit eigenen Materialien „verschmolzen“, entsteht daraus ein neues, eigenständiges Werk. Hierfür kann man eine Gesamtlizenz vergeben. Diese richtet sich nach demjenigen Material, dessen Lizenz die meisten einschränkenden Bedingungen trägt. Steht etwa ein Teil des verwendeten Materials unter der Lizenz „Namensnennung ShareAlike“ (CC BY-SA), welche die öffentliche Weiterverwendung nur unter gleichen Bedingungen erlaubt, so darf in der Gesamtlizenz nicht die offenere CC BY-Lizenz verendet werden. Die Übersicht zeigt, welche Lizenzen sich kombinieren lassen:
Henry Steinhau, iRights.info, für JOINTLY, CC BY 4.0 International

Bei einem Arbeitsblatt oder einer interaktiven Übung sollte jegliches Material lizenziert werden. Materialien, für welche die Lizenz nicht gilt, müssen klar kenntlich gemacht werden.

Tipps und Tools für die Lizenzierung:

So sieht es zum Beispiel aus, wenn man den CC-Mixer um Rat fragt.

Der „Gold-Standard“: Verwendung von offenen Tools zur Erstellung von Arbeitsblättern & interaktiven Übungen als OER

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, um Arbeitsblätter und interaktive Übungen digital zu erstellen. Arbeitsblätter können prinzipiell mit gängiger Software zur Text- und Bildbearbeitung angefertigt werden. Einfacher wird es jedoch mit entsprechenden Tools. Bei interaktiven Übungen ist man grundsätzlich auf spezielle Werkzeuge angewiesen. Bei der Erstellung von OER spielt die verwendete Software eine große Rolle und sollte daher bestimmte Merkmale enthalten:

  • Kostenfrei zugänglich: Laut UNESCO-Definition zu OER sollten die Materialien kostenfrei zugänglich sein. Dies sollte auch für die verwendeten Tools gelten. Dann ist die Erstellung bzw. Änderung von OER-Materialien mithilfe dieser Tools für die Nutzerin und den Nutzer auch kostenlos. Um gleichzeitig kostenfreien Zugang und Finanzierbarkeit der Tools zu ermöglichen, gibt es Freemium-Modelle mit kostenfreien Basisversionen und kostenpflichtigen Versionen mit mehr Möglichkeiten.
  • Offene Lizenz: So wie zu OER-Materialien eine offene Lizenz gehört, die das Verarbeiten und Weiterverbreiten gestattet, sollte dies auch für den Quelltext der Werkzeuge gelten. Dritte können dann Fehler beheben, Funktionen erweitern etc.
  • Offene Standards: An die offene Lizenzierung des Quelltextes schließt sich die Verwendung offener Standards an. Um Nutzung und Remix zu ermöglichen, sollten die Tools keine proprietären Dateiformate enthalten. Die Werkzeuge sollten auf verschiedenen Betriebssystemen oder in verschiedenen Browsern laufen.
  • Erstellen von Metadaten: Um die Medien im Netz auffindbar zu machen und die Verbreitung der Materialien zu vergrößern, sollten die Werkzeuge das Erstellen und Exportieren von Metadaten erlauben wie zumindest Titel, Kurzbeschreibung, Lernressourcen-Typ, Schlagworte, Fach- und Sachgebiet, Bildungsbereich und Lizenz.
  • Barrierefreiheit der Tools: Dies ermöglicht möglichst vielen Menschen, die OER-Werkzeuge zu nutzen. Dazu gehören zum Beispiel Vorlesewerkzeuge, große Buttons, Vergrößerung der Schriften, Kontrasteinstellung und Untertitel bei Videos.
  • Lizenzierung: Da gerade bei der Erstellung von Arbeitsblättern und interaktiven Aufgaben Medienbausteine aus unterschiedlichen Quellen verwendet werden, sollten die Werkzeuge eine entsprechende Unterstützung bei der Eingabe und Verwaltung von Lizenzangaben bieten, zum Beispiel durch Urheberrechtshinweise direkt an den einzelnen Medien sowie für den gesamten Inhalt. Ideal ist eine automatische Generierung von Lizenzhinweisen sowie Überprüfung der gewählten Lizenzkombinationen auf Vereinbarkeit.
  • Kollaboration beim Erstellen: Dies kann sowohl synchron als auch asynchron stattfinden. Bei der synchronen Form können Inhalte zeitgleich erstellt und dann veröffentlicht werden. In der asynchronen Form können erstellte Inhalte von anderen ergänzt und angepasst werden.
Mehrere Hände übereinander
Pixabay (jarmoluk)

Werkzeuge können durchaus auch verwendbar und praktisch sein, wenn sie nicht allen Anforderungen des Gold-Standards entsprechen. So ist es nicht unbedingt notwendig, dass die Software Open-Source, das Einpflegen von Metadaten möglich oder ein Tool gänzlich barrierefrei ist.

Geht gar nicht:

  • keine Eingabemöglichkeit für Urheberrechtsangaben im fertigen Material
  • keine kostenfreie Erstellung und Nutzung.

Beispiele für offene und empfehlenswerte Tools für Arbeitsblätter und interaktive Übungen als OER

Auch wenn sie nicht allen Kriterien des „Gold-Standards“ entsprechen, sind die folgenden Tools praktikabel und gut einsetzbar:

  • tutory für Arbeitsblätter: https://www.tutory.de/ 
    Der kollaborative Arbeitsblatt-Editor ist ein kommerzieller Onlinedienst, der die Basisfunktionen kostenlos zur Verfügung stellt. Das erste Erstellen eines Arbeitsblatts mit tutory ist selbsterklärend und benötigt keine längere Einarbeitung. Die einzelnen Teile eines Arbeitsblatts wie zum Beispiel Überschrift, Tabelle oder QR-Code können aus einem Baukasten direkt auf das Blatt gezogen werden. Schnell lässt sich so ein übersichtliches Arbeitsblatt erstellen. Es kann jederzeit weiterbearbeitet werden, allerdings nur online in tutory selbst. Aus dem Tool heraus können auf mehrere Mediendatenbanken mit frei nutzbaren Inhalten wie etwa Wikimedia Commons, Flickr, Pixabay etc. direkt zugegriffen werden. Bausteine wie Wortsuchrätsel, Sortieraufgabe, Lückentext und Tabellen können verwendet werden. Man kann die Arbeitsblätter für sich selbst als PDF-Datei herunterladen und ausdrucken (maximal sechs in der kostenlosen Version) oder auf der Website unbegrenzt für alle als OER veröffentlichen und teilen. Erstellte Dokumente können in Wikis, Moodle-Plattformen und WordPress-Blogs eingebunden werden. Lizenzhinweise können für das gesamte Arbeitsblatt sowie für die einzelnen Bausteine vergeben werden. Mit tutory ist nur eine asynchrone Kollaboration möglich.
  • H5P für interaktive Übungen: https://h5p.org/ 
    Bei den interaktiven Übungen ist H5P am bekanntesten als Open-Source-Software zum Erstellen von interaktiven Inhalten für das Web wie beispielsweise ein Quiz, Lernkarten, Arbeitsbögen, Fragebögen oder auch interaktive Videos. Je nach Aufgabentyp erfolgt das Erstellen über Formulare, die man Schritt für Schritt ausfüllt, oder über einen grafische Editor. Die Editierwerkzeuge lassen sich mit Plug-ins in die Content-Management-Systeme Wordpress und Drupal sowie die Lernmanagementsysteme Moodle und Illias integrieren. Die interaktiven Übungen lassen sich aber auch auf der Website h5p.org erstellen. Man kann freie Lizenzen auswählen und zugehörige Lizenzhinweise halbautomatisch erstellen lassen. Außerdem lassen sich weitere Informationen wie Titel, Autoren etc. angeben. Das Erstellen und Nutzen von H5P erfordert eine Internetverbindung. Der Fokus von H5P liegt auf der asynchronen Kollaboration. Es ist jedoch eine Erweiterung in Entwicklung, mit der kollaborativ zu bewältigende Aufgaben möglich werden. 
  • LearningApps.org für multimediale Lernbausteine: https://learningapps.org/
    Die kostenlose Web 2.0-Plattform LearningApps.org erlaubt es, mit wenig Aufwand multimediale Lernbausteine online zu erstellen und zu verwalten. Das Autorenwerkzeug bietet neben gängigen Aufgabentypen wie Zuordnungsübungen oder Kreuzworträtseln rund zwanzig weitere Aufgabenformate wie Zeitleisten und Hot Potatoes, die stetig von den Entwicklern erweitert werden. Einmal erstellte Lernbausteine können privat oder im Rahmen einer Klasse genutzt werden oder sie können auch auf der Plattform veröffentlicht und so anderen Lehrpersonen zugänglich gemacht werden.
  • Mit dem SODIX-Editor, der für HubbS in Planung ist, können digitale Arbeitsblätter, Lerneinheiten oder ganze Lehrwerke für Schülerinnen und Schüler angefertigt und genutzt werden. Die Inhalte werden allein oder in Echtzeit synchron gemeinsam mit Kolleg*innen erstellt und können anschließend über die Mediathek von HubbS geteilt werden. Somit entspricht der Editor den meisten Anforderungen des Gold-Standards.

Content online stellen

Vor dem Veröffentlichen sollte in jedem Fall der Rechtestatus nochmals kurz reflektiert und überprüft werden. Es gibt verschiedene Plattformen, um OER-Materialien zu veröffentlichen, wie Wikimedia Commons, Zum Unterrichten, Serlo und tutory.

Aber auch in HubbS können im geschlossenen Bereich nach einer kostenlosen Registrierung Materialien hochgeladen werden, damit diese auch von anderen Lehrkräften genutzt werden können.

 

*„Eine Frage spezieller Werkzeuge – Der Gold-Standard zu Arbeitsblättern und interaktiven Übungen als OER“ von Oliver Tacke, Susanne Friz, Nele Hirsch, Christina König, Thomas Hoyer. CC BY 4.0.


Susanne Friz für FWU Institut für Film und Bild. Dieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz.

Autor
Susanne Friz
aktualisiert
aktualisiert: 28.11.2023