Studie zur Azubi-Auswahl: mehr Flexibilität bei Betrieben

Wenn Betriebe Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Ausbildungsplätze haben, profitieren Jugendlichen mit Erstem Schulabschluss (ehemals Hauptschulabschluss).
Ein Bewerberin mit Bewerbungsmappe freut sich
Jugendliche können sich freuen: Bei Besetzungsschwierigkeiten lockern Betriebe ihre Anforderungen an Ausbildungsplatzsuchende. © iStock / Alina Rosanova

Der Schulabschluss, die Ausbildungsnachfrage und die betrieblichen Strukturen sind entscheidend bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen – das zeigt eine neue Studie, die in diesem Jahr von Anett Friedrich, Forscherin am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), im International Journal of Manpower veröffentlicht wurde. Für die Studie wurden bundesweit Daten von rund zweitausend Ausbildungsbetrieben in einem Zeitraum von 2013 bis 2018 ausgewertet. Der frühe Zeitraum wurde gewählt, um die Effekte der Coronapandemie auf dem Ausbildungsmarkt zu vernachlässigen. Untersucht wurde, unter welchen Bedingungen Betriebe ihre Anforderungen an Schulabschlüsse senken. Im Fokus stand die Frage, wie Schulabschlussanforderungen mit Rekrutierungsproblemen zusammenhängen.

Differenzierte Auswahlpraxis

In der Regel stellen Betriebe Mindestanforderungen an den Schulabschluss neuer Auszubildender. Das schmälert oft den Erfolg für Jugendliche mit Erstem Schulabschluss, einen Ausbildungsplatz zu finden. Die Forscherin konnte mit ihrer Studie zeigen, dass Betriebe ihre Anforderungen an den Schulabschluss von Ausbildungsplatzsuchenden insbesondere dann lockern, wenn sie Schwierigkeiten bei der Besetzung haben. Sie würden in dem Fall signifikant mehr Jugendliche mit einem Ersten Schulabschluss einstellen als Betriebe, die eine große Auswahl an qualifizierten Schulabsolventen und -absolventinnen in ihrem Bewerberpool haben. 

Die Ergebnisse zeigen zudem, dass bei einer großen Auswahl an Bewerbungen, Abiturienten und Abiturientinnen bevorzugt werden. Dies ist auch der Fall, wenn die Belegschaft im Betrieb schon von vornherein sehr qualifiziert ist. Erfreulich ist jedoch, dass Betriebe mit einem höheren Anteil an Bewerber und Bewerberinnen mit Abitur aber auch mehr Jugendliche mit Erstem Schulabschluss einstellen. Daraus lässt sich schließen, dass eine hohe Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern mit Abitur die Chancen auf einen Ausbildungsplatz für Jugendliche mit Erstem Schulabschluss nicht zwangsläufig verringert. Und es gibt sogar Ausnahmen, bei denen Betriebe mehr Jugendliche mit niedrigem Schulabschluss einstellen. Die kausalen Rückschlüsse der Studie zeigen, dass in Betrieben bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen eine differenzierte Auswahlpraxis herrscht.

Ausblick

Die Flexibilität der Betriebe, wenn sie nicht genügend gut qualifizierte Schulabsolventen und -absolventinnen finden, wird vor allem vom Forschungsdirektor und stellvertretendem BIBB-Präsident Prof. Dr. Hubert Ertl gelobt. Aufgrund des herrschenden Fachkräftemangels erinnert er auch noch einmal an die Notwendigkeit der Integration von Jugendlichen mit Erstem Schulabschluss in das Berufsbildungssystem. Um noch mehr Erkenntnisse über die Rekrutierung von Auszubildenden zubekommen, sind nun weitere Studien geplant. Diese sollen vor allem feststellen, ob es branchenspezifische und regionale Unterschiede bei den Kriterien und Auswahlmustern gibt.

Mehr Hintergrundinformationen und die ausführlichen Ergebnisse finden Sie in der Studie „School-leaving certificates and vocational education and training – the role of firms as gatekeepers in Germany“.

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Autor
HubbS-Redaktion
aktualisiert
aktualisiert: 18.07.2025