Neue Studie zur Lernortkooperation in Deutschland

Eine Studie der Universität Paderborn analysiert den aktuellen Stand der Lernortkooperation im dualen Berufsbildungssystem in Deutschland. Sie ist Teil des EU-Projekts „FEWL“. 20 Interviews mit Berufsschullehrkräften, betrieblichen und überbetrieblichen Ausbildern sowie Auszubildenden dienten als Grundlage zur Beantwortung dieser Forschungsfragen:
- Wie wird die Lernortkooperation von den Bildungspartnern und Auszubildenden umgesetzt und erlebt?
- Welche Strukturen und Eigenschaften prägen die Beziehungen zwischen den Bildungspartnern?
- Welche Faktoren tragen zum Erfolg oder Misserfolg kooperativer Praktiken bei?
- Wie beurteilen die Bildungspartner die Durchführbarkeit der Einrichtung von Lernortkooperation in einer Weise, die Kontinuität und Reichhaltigkeit kombiniert?
- Welche Strategien können eingesetzt werden, um bestehende kooperative Praktiken zu verbessern und zu stärken?
Die Studie konzentrierte sich auf gewerblich-technische Berufe. In der Stichprobe waren Vertreter verschiedener Metallberufe, Mechatroniker und Tischler vertreten. Der Teilnehmerpool besteht aus 19 Männern und 1 Frau, die aus fünf Unternehmen, drei überbetrieblichen Ausbildungsstätten und zwei Berufsschulen ausgewählt wurden. Wir fassen Ihnen im Folgenden Ergebnisse und Empfehlungen der Studie zusammen.
Ergebnisse
Überwiegend bedarfsorientierte Zusammenarbeit
Die Studie zeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen Berufsschullehrkräften, betrieblichem und überbetrieblichem Ausbildungspersonal weitgehend bedarfsorientiert ist, wobei die Kommunikation vor allem dann stattfindet, wenn Probleme auftreten. Die meisten Bildungspartner gaben an, dass die Interaktion in der Regel durch Herausforderungen im Zusammenhang mit Auszubildenden ausgelöst wird, wie unentschuldigtes Fehlen, schlechte Leistungen oder Verhaltensauffälligkeiten. Die Zusammenarbeit erstreckt sich auch auf organisatorische Fragen wie der Planung für das kommende Schuljahr. Manchmal ergeben sich technische oder logistische Fragen, die eine Beratung erfordern. Eine umfassendere Zusammenarbeit darüber hinaus ist jedoch eher die Ausnahme.
Insgesamt wird die Lernortkooperation als funktionales Instrument zur Bewältigung von Herausforderungen und/oder organisatorischen Aufgaben angesehen und nicht als Voraussetzung für eine Verbesserung der Bildungserfahrung. Dieser pragmatische Ansatz bietet laut Studie wenig Gelegenheit, die Integration von theoretischen und praktischen Komponenten innerhalb des Berufsbildungssystems zu stärken.
Die Strategien, die für Lernortkooperation verwendet werden, variieren zwischen den verschiedenen Berufsschulen, Unternehmen und überbetrieblichen Ausbildungszentren. Eine häufige Praxis ist der jährlich stattfindende „Ausbildertag“, an dem die Ausbilderinnen und Ausbilder die beruflichen Schulen besuchen, um Informationen über das kommende Schuljahr zu erhalten und die Entwicklung ihrer Auszubildenden mit den Klassenlehrkräften zu besprechen. Auch Klassenbesuche bei Unternehmen der Auszubildenden finden gelegentlich statt, aber gemeinsame Projekte über verschiedene Lernorte hinweg sind eher selten.
Auch bei den Bemühungen um die Integration von Theorie und Praxis sind die Bildungspartner kaum miteinander verbunden. Selbst wenn alle Befragten die Bedeutung einer starken Theorie-Praxis-Verknüpfung betonten, beschränken sich ihre Versuche, diese Integration zu erreichen, vorwiegend auf den eigenen Lernort. Eine institutionenübergreifende Abstimmung fehlt.
Kommunikationswege und Intensität des Austauschs
Die Kommunikation zwischen den Bildungspartnern erfolgt per Telefon, E-Mails und gelegentliche persönliche Treffen. Seltener werden Informationen durch Briefe übermittelt, die die Auszubildenden weitergeben sollen. Auffallend sei der fehlende Kontakt zwischen Berufsschullehrkräften und überbetrieblichem Ausbildungspersonal. Aus Sicht der Lehrkräfte wird die Zusammenarbeit mit diesen Ausbilderinnen und Ausbildern weitgehend als Aufgabe der Betriebe wahrgenommen, was zu einem sehr geringen direkten Engagement führt.
Die Intensität der Kommunikation mit den Ausbildungsbetrieben ist sehr unterschiedlich. Dies werde beeinflusst durch das Interesse der Ausbilderinnen und Ausbilder an einer Zusammenarbeit und die Anzahl der Auszubildenden. Im Allgemeinen führe eine höhere Anzahl von Auszubildenden zu einer regelmäßigeren Kommunikation. Am intensivsten ist die Kommunikation bei Prüfungen an bestimmten Lernorten, die auch Nichtmitgliedern die Möglichkeit bieten, mit anderen Partnern in Kontakt zu treten.

Gelingensbedingungen
Wichtige Voraussetzungen für eine gut funktionierende Lernortkooperation sind laut Studie eine offene und ehrliche Kommunikation, Empathie und eine nicht beschuldigende Herangehensweise, wenn Probleme auftreten. Die Festlegung klarer Erwartungen und die Aufrechterhaltung von Transparenz bei der Beurteilung von Auszubildenden seien entscheidend für die Schaffung einer Vertrauensbasis. Ein tieferes Verständnis der Strukturen und Lernprozesse in den verschiedenen Einrichtungen könne ebenfalls wesentlich zur Stärkung der Zusammenarbeit beitragen. Darüber hinaus erwiesen sich persönliche Netzwerke als wirksames Instrument zur Förderung der Zusammenarbeit.
Herausforderungen
Eine weit verbreitete Herausforderung ist die höhere Priorisierung anderer Arbeitsaufgaben. Zeit- und Personalknappheit tragen zu diesen Schwierigkeiten bei. Auch das Empfinden von Konkurrenz kann die Zusammenarbeit erschweren, zum Beispiel wenn es zu Spannungen wegen vermeintlicher Bevorzugung bei Klassenbesuchen in Betrieben kommt. Darüber hinaus können negative Erfahrungen mit Bildungspartnern dazu führen, dass man sich gegen eine erneute Teilnahme an Kooperationsaktivitäten entscheidet.
Empfehlungen
Die Studie zeigt, dass trotz gesetzlicher Vorgaben und der Anerkennung der Bedeutung von Lernortkooperation die praktische Umsetzung noch viele Herausforderungen birgt. Die Überwindung des seit langem bestehenden Problems der unzureichenden Zusammenarbeit erfordere Beharrlichkeit, Kreativität und die Bereitschaft, unkonventionelle Methoden zu erproben.
- Verbesserte Kommunikation: Regelmäßige Koordinationstreffen und klare Kommunikationsstrukturen
- Projekte zur Theorie-Praxis-Verknüpfung: Gemeinsame Projekte, die theoretisches Wissen und praktische Fähigkeiten verbinden
- Aufbau der Rolle eines Lernortkooperationskoordinators: Einführung einer zentralen Koordinationsrolle zur Förderung der Zusammenarbeit
Letztlich hängt die Zukunft der Lernortkooperation laut Studie von der Fähigkeit ab, zukunftsorientierte Strategien zu entwickeln, die das Berufsbildungssystem in die Lage versetzen, den sich ständig verändernden Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes gerecht zu werden.
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