Cybermobbing: Handeln, bevor es eskaliert

Digitale Kommunikation ist ein fester Bestandteil des Schulalltags an beruflichen Schulen. Lernplattformen, Messenger-Dienste oder soziale Netzwerke begleiten Auszubildende täglich und eröffnen sowohl Chancen als auch Risiken. Im digitalen Raum gilt das Cybermobbing als eine der größten Herausforderungen für die Generation Z. Laut der SINUS-Institut-Jugendstudie 2024/25 gaben nämlich 16 Prozent der befragten Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren an, selbst Opfer von Cybermobbing geworden zu sein. Für Berufsschullehrkräfte bedeutet das: hinschauen, sensibel reagieren und präventiv handeln.
Ein Klick, der verletzt
Unter Cybermobbing wird das wiederholte und absichtliche Beleidigen, Bloßstellen oder Bedrohen einer Person über digitale Kanäle verstanden. Das kann in Chat-Gruppen ebenso geschehen wie in sozialen Netzwerken. Auch schulische Plattformen, E-Mails oder Videokonferenz-Tools können Schauplätze digitaler Übergriffe werden. Das Teilen oder Manipulieren von Fotos und Videos, abwertende Kommentare in Klassenchats, das Erstellen von Fake-Profilen, gezieltes Ausschließen aus Online-Gruppen oder die Verbreitung von Gerüchten sind nur einige Beispiele. Vom klassischen Mobbing unterscheidet sich Cybermobbing vor allem durch seine Reichweite, Geschwindigkeit und Dauerhaftigkeit: Ein Klick genügt, um Inhalte für eine breite Masse sichtbar zu machen – jederzeit und vor allem ein Leben lang.
Digitale Konflikte im Lern- und Arbeitsalltag
An Berufsschulen kommt es immer wieder zu Mobbing-Vorfällen. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass hier viele Heranwachsende mit unterschiedlichem soziodemografischem Hintergrund aufeinandertreffen. Die jungen Auszubildenen befinden sich in einem neuen Lebensabschnitt, dem sie teilweise sozio-emotional noch nicht gewachsen sind. Hinzu kommen die verschiedenen Lernorte und Ausbildungsbetriebe sowie der Konkurrenzdruck und Leistungsstress. Dies alles bietet Raum für Konflikte: In Klassenchats verschwinden die Grenzen zwischen beruflicher und privater Kommunikation. Beleidigungen oder Gerüchte können schnell betriebliche Kreise ziehen und Online-Konflikte wirken sich direkt auf das Klassenklima und den Lernerfolg aus. Studien zeigen, dass Betroffene von Mobbing bzw. Cybermobbing dies häufig als Angriff auf ihre persönliche Würde oder berufliche Identität erleben. In der Folge ziehen sie sich sowohl im schulischen als auch im beruflichen Umfeld zurück oder zeigen eine geringere Teilhabe am Unterricht und Arbeitsgeschehen (weitere Infos zu den Studien: Bündnis gegen Cybermobbing und Deutsches Jugendinstitut).
Frühe Warnsignale erkennen
Cybermobbing findet meist im Verborgenen statt, die Anzeichen dafür sind jedoch nach außen hin sichtbar. Zu den wirksamsten Mitteln, um Cybermobbing frühzeitig zu erkennen und zu stoppen, zählen vor allem ein offenes Ohr, eine vertrauensvolle Beziehung zu den Lernenden sowie eine klare eigene Haltung gegen digitale Grenzverletzungen. Zudem sollten Lehrkräfte immer aufmerksam werden, wenn Lernende sich plötzlich zurückziehen, schweigsam werden oder sozial isoliert wirken. Auch das abrupte Nachlassen von Leistungen, zunehmende Fehlzeiten oder Spannungen in Gruppenarbeiten liefern Hinweise auf mögliches Mobbing. Andeutungen anderer Schülerinnen und Schüler wie beispielsweise „Da läuft was in der Gruppe!“ können ebenfalls Warnsignale sein.
Rechtlicher Rahmen und schulische Verantwortung
Beim Thema Cybermobbing bewegen sich Betroffene und Beteiligte in einem rechtlichen Rahmen. Dabei spielen verschiedene Gesetze eine wichtige Rolle. Beim Aufnehmen von Bildern gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Bei der Verbreitung oder Veröffentlichung von Bildern greift das Recht am eigenen Bild (§ 22 Kunsturhebergesetz, KUG). Darüber hinaus können viele Handlungen im Zusammenhang mit Cybermobbing strafbar sein, zum Beispiel: Beleidigung (§185 StGB), Üble Nachrede (§186 StGB), Verleumdung (§187 StGB), Nötigung (§240 StGB), Bedrohung (§241 StGB) und Gewaltdarstellung (§131 StGB).
Hat eine Lehrkraft begründeten Verdacht, dass ein Schüler oder eine Schülerin im Rahmen des Cybermobbings eine Straftatbegangen hat oder strafbare Inhalte wie gewaltverherrlichende Bilder oder Videos besitzt, besteht eine dienstliche Pflicht, dies der Schulleitung zu melden. Die Schulleitung entscheidet dann über das weitere Vorgehen. Dies können Gespräche mit Betroffenen und Beteiligten sein, das Einbinden von Schulsozialarbeit und Beratungslehrkräften, der Austausch mit Eltern und Ausbildungsbetrieb bis hin zum Einschalten der Polizei oder der Schulaufsicht. Dabei sorgt ein abgestimmtes Vorgehen im Kollegium sowie gemeinsame Regeln und Maßnahmen für Transparenz und Schutz der Betroffenen. Eine Handlungsleitlinie bei Verdacht auf Cybermobbing könnte beispielsweise so aussehen:
- Beobachtung dokumentieren: Datum, Uhrzeit, beteiligte Personen, was genau gesehen oder gehört wurde.
- Keine eigenen Ermittlungen (Grundrechte und Datenschutz relevant): Kein Durchsuchen oder Beschlagnahmen von Handys oder Geräten und kein eigenständiges Öffnen von Dateien.
- Schulleitung informieren: Verdacht unverzüglich und vertraulich weitergeben. Die Schulleitung entscheidet über nächste Schritte.
- Schutz der Beteiligten: Schüler nicht öffentlich bloßstellen. Gespräch nur in sicherem, ruhigem Rahmen führen.
- Dokumentation abschließen: Alle Maßnahmen und Mitteilungen schriftlich festhalten.
Digitale Verantwortung fördern
Wie in vielen Bereichen ist auch beim Cybermobbing Prävention der wirksamste Schutz. Lehrkräfte können das Bewusstsein für das Thema schärfen, indem sie gemeinsam mit den Lernenden Klassenregeln für die digitale Kommunikation erarbeiten und eine respektvolle Online-Kommunikation vorleben. Zusätzlich kann die Medienkompetenz fächerübergreifend gefördert werden, etwa in den Bereichen Datenschutz, Urheberrecht und digitale Etikette. Auch die Reflexion digitaler Rollenbilder eignet sich als Anknüpfungspunkt. Darüber hinaus ist es hilfreich, wenn es für Betroffene klare Ansprechpartner oder -partnerinnen an der Schule gibt.
Rund um das Thema Cybermobbing gibt es bereits eine Vielzahl an didaktischen Unterrichtsmaterialien, die dabei helfen, Spannungen im Klassenverband zu lösen und das Bewusstsein für ein wertschätzendes Miteinander im digitalen Raum zu stärken. Eine Auswahl an frei verfügbaren Materialien für Ihren Unterricht finden Sie in unserem Dossier zum Thema Cybermobbing.
Unterstützung und Hilfsangebote
Hier können sich Lehrkräfte und Schulleitungen Unterstützung zum Thema Cybermobbing holen:
- Schulsozialarbeit und Beratungslehrkräfte: zentrale Ansprechpartner für Prävention und Intervention
- Schulaufsicht und Schulamt: bei wiederholten Problemen innerhalb der Schule
- Internet-ABC und klicksafe: Aufklärung und Tipps für Prävention und Intervention
- Bündnis gegen Cybermobbing: Beratungsstelle
- Nummer gegen Kummer – Erwachsenenhotline: 0800 111 0 550
- Polizei und Jugendsachbearbeitung: bei strafbaren Inhalten, Bedrohungen oder wiederholten Angriffen
Als Anwendung installieren
Installieren Sie HubbS als App für ein besseres Nutzungserlebnis. Mehr erfahren.